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Patente im Mittelstand

Irgendwie habe ich es geschafft einen Artikel in der nächsten Ausgabe des Magazins Mittelstand WISSEN unterzubringen. Unten kann man den kompletten Artikel lesen, wobei ich natürlich den kostenlosen pdf-Download unter http://www.unternehmer.de/magazin empfehle. Das Layout ist dort übersichtlicher und es sind noch viele weitere interessante Artikel drin 🙂 Mein Dank geht an Patricia Scholz für das Abdrucken und selbstverständlich auch an die anderen MitschreiberInnen im Blog, die haben nämlich Korrektur gelesen.


Niemand, der ein Patent anmeldet, will ein Patent. Gesucht ist der Schutz der eigenen Idee und somit ein mögliches Alleinstellungsmerkmal auf dem Markt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die eigene Idee zu schüt- zen. Es gibt beispielsweise strategische Schutzinstrumente, wie Geheimhaltungsverträge, Lizenzverträge oder technische Kopierschutzmechanismen. Auf Dauer wirkungsvoller sind aber formelle Schutzinstrumente wie Geschmacksmuster, Gebrauchsmuster und Patente.

Der Schutz des geistigen Eigentums spielt bei vielen mittelständischen Unternehmen bisher jedoch eher eine untergeordnete Rolle. Es sind vielleicht noch Kenntnisse im Umgang mit Marken vorhanden, der Schutz des technischen Know-Hows wird aber oft vernachlässigt.

Man könnte an dieser Stelle auf Weltkonzerne der Telekommunikationsbranche verweisen, die sich gerade mit ihren IP-Portfolios gegenseitig verklagen, aber richtig interessant wird es doch erst dann, wenn man selbst davon betroffen ist. Man stelle sich beispielsweise vor, auf der nächsten Fachmesse lässt der Mitbewerber den eigenen Stand vom Gerichtsvollzieher teilweise räumen, eine wirklich unschöne Situation, die so nicht eintreten muss.

Vorweg: Keine Regel ohne Ausnahme

Wie bei allen Themen, die auch nur den kleinsten rechtlichen Bezug haben, wird es schnell kompliziert. Daher wird im Folgenden nur sehr grob abstrahiert und vereinfacht darge- stellt, Ausnahmen von der Regel, und die gibt es natürlich zuhauf, werden einfach ignoriert. Für Interessierte wird in Klammern auf die passenden Gesetze und weiterführende Internetangebote verwiesen.

Funktion eines Patents

Patente geben dem Inhaber ein zeitlich und territorial beschränktes Monopol auf die geschützte technische Apparatur oder ein ebensolches Verfahren. Sie werden bei ihrer Anmeldung vom Amt geprüft und müssen neu, erfinderisch und gewerblich anwendbar sein. Wenn ein Patent erlangt wurde, kann der Inhaber anderen verbieten, das geschützte Produkt im Inland herzustellen, zu verkaufen oder einzu- führen. Dieser Schutz wird durch die Patentansprüche be- stimmt und ist bis zu zwanzig Jahre verlängerbar (PatG).

Es gibt in Deutschland neben dem Patent noch ein kostengünstigeres Gebrauchsmuster, das jedoch nicht vom Amt geprüft wird, keinen Schutz auf Verfahren bieten kann und nur bis zu zehn Jahren verlängerbar ist (GebrMG).

In vielen Ländern der Welt gibt es vergleichbare Möglichkeiten, technische Erfindungen zu schützen. Es gibt auch gebündelte Anmeldeverfahren, mit denen der An- melder vereinfacht Schutz in mehren europäischen Ländern (EPÜ) oder darüber hinaus (PCT) erreichen kann.

Die gute Nachricht

Um Patente und Gebrauchsmuster sinnvoll für sich nutzen zu können, muss man prinzipiell nicht einmal eigene haben, also gar kein Geld ausgeben.

Es gibt mehrere Theorien, mit denen sich das Patentwesen und die damit verbundenen, eigentlich verpönten staatlichen Monopole rechtfertigen lassen. Eine davon ist die sogenannte Offenbarungstheorie. Das Monopol ist die Belohnung dafür, dass die Erfindung im Patent offenbart wird und dies dann jedermann zugänglich gemacht werden muss. Meist sogar mit Zeichnungen und einem verständlichen Beispiel für eine optimale Ausführungsform. Das bietet nun allen Mitbewerbern, also auch Ihnen, die Möglichkeit, sich über die Erfindungen der anderen zu informieren. Das Ergebnis sind Wissensdatenbanken, ähnlich wie die Wikipedia, nur im technischen Bereich viel umfangreicher.

Dazu wird vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) sogar ein ausgezeichnetes, kostenloses Onlineangebot (DEPATISnet) zur Verfügung gestellt, mit dem recht einfach in den veröffentlichten Schutzrechten recherchiert werden kann. Man kann nach Stichworten suchen, sich aber auch über die Anmeldeaktivitäten eines bestimmten Mitbewerbers informieren oder einfach mal nach gewissen technischen Gebieten Ausschau halten.

Bei einer solchen Recherche hilft einem die so genannte IPC, die Internationale Patentklassifikation, in der Erfindungen vom Amt nach ihrem technischen Gebiet einsortiert werden.

Es gibt weitere kostenlose Recherchetools von anderen Ämtern, beispielsweise vom europäischen (EPO, Espacenet) oder dem amerikanischen (USPTO, PatFT), die aber weniger ausgereift sind. Zudem gibt es noch professionelle, kostenpflichtige Angebote, die den öffentlichen dafür teilweise überlegen sind.

DEPATISnet kostet nichts, verlangt nicht einmal eine Anmeldung und hat einen ständig aktualisierten, internationalen Datenbestand, spielen Sie doch einfach mal damit.

Gründe dafür, doch noch weiter zu gehen

Man kann also mit sehr geringen Einstiegshürden den ersten großen Nutzen aus dem Patentsystem ziehen. Eigene Schutzrechte bieten dann aber doch noch viele weitere Vorteile, es gibt gute Gründe, selbst aktiv zu werden.

Man sichert sich mit ihnen die eigene Erfindung und somit ein Alleinstellungsmerkmal auf dem Markt. Das kann ein effizienteres Herstellungsverfahren sein, mit dem alle eigenen Produkte besser hergestellt werden, es kann aber auch ein Produktmerkmal sein, das als unique selling proposition alle Mitbewerber auf Jahre alt aussehen lässt.

Man kann die eigene Innovationskraft zeigen und damit werben. Man kann aber auch mit Schutzrechtportfolios gestärkt verhandeln und Lizenzen geben oder Produkte vom Markt halten. Die eigenen Entwickler können mit der Nennung in einer Patentschrift belohnt werden, womit man ihnen die ihnen zustehende Anerkennung zollt.

Eine deutsche Anmeldung ist nicht allzu teuer und bietet ein Jahr lang die Möglichkeit, den Zeitrang auch für eine internationale Anmeldung in Anspruch zu nehmen.

Wann werden patente also richtig teuer?

Richtig teuer werden Schutzrechte erst dann, wenn es nicht die eigenen sind.

In jedem Fall sollte vor der nächsten eigenen Entwicklung geprüft werden, ob nicht vielleicht ein Anderer die Idee schon vorher hatte. Das kann zumindest die Kosten einer unnötigen, zweiten Entwicklung sparen, denn es macht keinen Sinn, das Rad erneut zu erfinden. Schlimmstenfalls/bestenfalls bemerkt man noch rechtzeitig bestehende Schutzrechte von Mitbewerbern und verletzt diese dann später nicht mit dem eigenen Produkt.

Der Verletzungsfall zeigt den eigentlichen, materiellen Wert von Patenten. Wenn man Glück hat, kommt man mit Lizenzgebühren an den Patentinhaber davon, hier eignen sich eigene Patente als Verhandlungsmasse, wenn es aber schlecht läuft, kann man die eigenen Produkte nicht mehr verkaufen. Schadensersatzzahlungen sind eher die Regel und sie können recht schmerzhaft ausfallen.

Eigene Schutzrechte erlangen

Das Schöne ist, eigentlich kann man die meisten Verfahren vor dem Amt alleine erledigen und die Ämter bieten auf ihren Webseiten umfangreiche Hilfestellung. Weniger schön ist, was dabei herauskommt.

Das Ganze ist vergleichbar mit der Steuererklärung. Natürlich kann man die selber machen, aber will man das? Und was stellt man dabei an? Nicht auszudenken! Deswegen sollte man sich professionelle Hilfe suchen, besonders da bei Patenten, wie bei anderen juristischen Themen auch, wirklich jedes Wort auf die Goldwaage zu legen ist. Steht im Hauptanspruch, dass der beanspruchte Grill vier Beine hat, dann kann jeder den gleichen Grill mit drei Beinen bauen. Es macht zudem keinen Sinn, Ideen anzumelden, deren Verletzung man nicht bemerkt oder nicht nachweisen kann.

Beispiele

Ein Patent, eine Anmeldung, ein Gebrauchsmuster. Alle drei recht kuriose Beispiele für Schriften, wie sie selbst einem Rechercheur nur selten begegnen. Man will gar nicht versuchen abzuschätzen, ob hier mehr Beratung notwendig oder hilfreich gewesen wäre.

Abb. 1: Patentschrift für eine Wünschelrute

Diese Wünschelrute wurde tatsächlich vom Amt als Patent eingetragen. Nicht nur ist die Radiästhesie eine rechte Pseudowissenschaft, auch wird kaum ein „ernsthafter Wünschelrutengänger“ eine Rute von der Stange kaufen, sondern sich sein Hilfsmittel lieber selber bauen. Das darf er auch dann noch, wenn es ein Patent gibt. Nur der Verkauf usw. ist ihm verboten.

Abb. 2: Offenlegungsschrift für Geräte, Vorrichtungen und verfahren zur Neutralisation und Transformation feinstofflicher Schwingungsfelder

Ohne Worte.

Abb.. 3: Gebrauchsmusterschrift

Die Idee, schädliche Abgase einfach mit sehr langen Kaminen (Essen) irgendwohin ins Universum zu leiten, ist schlichtweg genial. Die Ausführbarkeit dieser Erfindung darf jedoch leicht angezweifelt werden.

Guter Rat ist nicht teuer

Es ist nicht schwierig oder kostspielig, sich in Patentangelegenheiten beraten zu lassen. Ein erstes Beratungsgespräch kann am Telefon stattfinden, ein guter Anwalt kommt aber auch gerne zum Mandanten. Schutzrechte sind eine langwierige und höchst bürokratische Angelegenheit, eine jahrelange Zusammenarbeit zwischen Mandanten und Patentanwalt ist die Regel. Eine größere Kanzlei kann mit ihren Rechtsanwälten noch in Marken- und Urheberrechtsangelegenheiten oder bei Geschmacksmustern und Vertragsverhandlungen helfen.

Die TÜV Rheinland Consulting GmbH bietet Erfindern in Nürnberg und Hof übrigens ebenfalls eine kostenlose Beratung und später dann auch Recherchen und Seminare an. Da in Patenten selten gängige Begriffe, sondern oft nur Fachtermini verwendet werden, ist eine Recherche nicht trivial und es ist sinnvoll, sich hier beraten zu lassen oder sie gleich von einem Fachmann, den es übrigens auch in Kanzleien gibt, durchführen zu lassen.

Ein Tipp, der nicht viel kostet

Es lohnt sich immer, die im eigenen Bereich relevanten Messe- und Ausstellungskataloge, Publikationen in Fachzeitschriften, Veröffentlichungen von Universitäten usw. zu sammeln, solange diese Schriften ein Veröffentlichungsdatum tragen. Diese sogenannte Nicht-Patentliteratur kann eines Tages ein wertvoller Stand der Technik sein, mit dem man einem Patent, dass man selbst vielleicht unwissentlich verletzt, entgegen treten kann.

Eine weitere Möglichkeit wäre ein angestellter Patentingenieur, welcher in der Firma eng mit der Entwicklung zusammen arbeitet und im Unternehmen selbst in Patentsachen beratend tätig werden kann. Natürlich kann er nicht alle Aufgaben eines Patentanwalts übernehmen oder eine Rechtsberatung durchführen, jedoch kann er als Bindeglied zwischen Firma und Anwalt tätig werden und dadurch die Arbeitsabläufe auf beiden Seiten beschleunigen. Er weiß als Interner oft mehr über die Strategie und die Ziele der Firma, kann so also sowohl die Arbeit des Anwalts, als auch die der Ingenieure in die richtige Richtung lenken und dabei helfen, Anmeldungen im Verfahren optimal herauszuarbeiten. In der Firma hat er die Entwicklung immer im Auge und kann rechtzeitig auf potenzielle gefährliche Fremdschutzrechte hinweisen oder die Entwickler quasi vorbeugend im Umgang mit dem geistigen Eigentum schulen.

Haftungsausschluss
Dieser Beitrag dient lediglich der Information und stellt keine Rechtsberatung dar. für die Vollständigkeit und Richtigkeit wird keine Gewähr übernommen, eine Haftung ist ausgeschlossen. Für rechtlichen Rat oder Beistand wenden sie sich bitte an einen rechts- oder Patentanwalt.

Weiterführende Links

Patentgesetz PatG www.gesetze-im-internet.de/patg/

Gebrauchsmustergesetz GebrMG www.gesetze-im-internet.de/gebrmg/

Europäisches Patentübereinkommen EPÜ www.epo.org/law-practice/legal-texts/epc_de.html

Patent Cooperation Treaty PCT www.wipo.int/pct/en/texts/articles/atoc.html

Deutsches Patent- und Markenamt DPMA http://dpma.de

DEPATISNet https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet

Europäisches Patentamt EPA http://epo.org
United States Patent and Trademark Office USPTO http://www.uspto.gov/
TÜV Rheinland Consulting GmbH http://lga.de/ (leider befindet sich die Seite derzeit im Umbau)

Eine Antwort auf „Patente im Mittelstand“

Vielen lieben Dank nochmal für den tollen Leitartikel und natürlich auch für das Lob. Wir haben übrigens eine Rubrik zum Thema Recht & Gesetze (www.unternehmer.de/recht-gesetze), die freut sich auch immer über neue Autoren 😉 Oder vielleicht ist ja für Sie dort auch etwas Interessantes dabei …

Sonnige Grüße
Patricia Scholz
unternehmer.de | Mittelstand WISSEN

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