Heute habe ich folgende E-Mail von den Ärzte ohne Grenzen bekommen, eine Organisation, die ich gerne unterstütze, insbesondere seitdem sie aus moralischen Gründen kein Geld mehr von der EU und ihren Mitgliedsstaaten annimmt:
am 13. und 14. September entscheidet das Europäische Patentamt in München über die Zukunft von Millionen Menschen mit Hepatitis C, einer häufig chronischen Entzündung der Leber. Gemeinsam mit Organisationen aus 17 Ländern haben wir bei der europäischen Behörde Einspruch gegen das Patent auf das Medikament Sofosbuvir eingelegt, da es der Zusammensetzung an ausreichender Innovation mangelt.
Warum wir diesen Schritt gegangen sind, möchte ich Ihnen am Beispiel von Deutschland veranschaulichen: Bei uns kostet die Behandlung eines Patienten oder einer Patientin mit dem hoch wirksamen Medikament bis zu 43.000 Euro. Eine Tablette kostet etwa 500 Euro. Wenn alle 300.000 Hepatitis-C-Patienten in Deutschland mit Sofosbuvir behandelt werden, kann das die Krankenkassen laut Expertenschätzungen rund 10 Milliarden Euro kosten. Das entspricht etwa einem Drittel der gesamten Ausgaben für Arzneimittel der gesetzlichen Krankenversicherungen im Jahr 2016.
Diese Rechnung verdeutlicht die exorbitanten Preise des Herstellers Gilead Sciences. Laut Studien kostet die Herstellung einer Tablette jedoch nur einen US-Dollar. Die hohen Kosten sind einer der Gründe dafür, dass neun von zehn Patienten weltweit keine effektive Behandlung erhalten. Hepatitis-C-Medikamente werden in einigen Ländern – auch in Europa – rationiert, teilweise werden nur die gravierendsten Fälle behandelt. „Nachdem ich positiv getestet wurde, versuchte ich die Nachricht sofort zu vergessen. Ich wusste, dass ich in der Ukraine sowieso keine Chance auf eine Behandlung hatte“, erzählte uns Ihor Akalko, der seit 2007 an Hepatitis C erkrankt ist.
Wegen des Patentschutzes sind in Europa keine kostengünstigen Nachahmerprodukte erhältlich – obwohl diese bereits hergestellt werden. Für die Patienten und Patientinnen in unseren Projekten ist es uns durch Verhandlungen gelungen, generische Präparate für einen Bruchteil des ursprünglichen Preises zu beziehen: Die zwölfwöchige Behandlung kostet uns heute nur noch etwa 120 US-Dollar.
Wir möchten, dass viel mehr der 80 Millionen Hepatitis-C-Erkrankten diese Chance auf Heilung bekommen. Gemeinsam mit Patienten und Aktivisten aus ganz Europa demonstrieren wir zu Verhandlungsbeginn am 13. September vor dem Europäischen Patentamt in München für bezahlbare Medikamente. Erfahren Sie mehr über die Aktion und unterstützen Sie unseren Protest. Ein erfolgreicher Einspruch wäre ein starkes Signal dafür, dass die Profite der Pharmaunternehmen nicht über der Gesundheit von Menschen stehen dürfen.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Westphal
Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen